Hauskauf mit Hürden

 

Schon längere Zeit beschäftigen meine Frau und ich uns mit dem Thema, vielleicht doch ein Haus zu kaufen. Nach reiflicher Überlegung und Suche haben wir auch ein wunderbares Objekt in Halles Osten gefunden, welches uns auf Anhieb gefallen hat. Nach einem ersten sehr netten Gespräch mit dem Eigentümer haben wir uns die Kontaktdaten vom Finanzberater geben lassen und gleich für den nächsten Tag einen Termin vereinbart. Er hat sich unsere Finanzielle Situation schildern lassen, uns ein paar Hausaufgaben gegeben, die wir umgehend erledigt haben und dann die Berechnungen angestellt. Einen weiteren Tag später konnten wir auch schon die Anträge zur Finanzierungsanfrage sowie die benötigten Vollmachten für den Finanzberater unterschreiben und alle hatten ein gutes Gefühl. Die Finanzierung sollte bei der DSL Bank über die Bühne gehen. Die Konditionen waren Super und auch sonst hatte der Berater überwiegend positive Erfahrungen mit ihr gemacht.

 

Zwei weitere Wochen Später erhielt ich dann ein Anruf und das Finanzbüro fragte an, ob wir denn einen notariell beglaubigten Unterschriftsbevollmächtigten haben. Ich sagte völlig überrascht und entsetzt „nein, warum sollten wir so einen haben? Wir sind doch voll Geschäftsfähig und unterschreiben sonst auch alles selbst.“ Daraufhin erklärte die nette Dame, dass die Bank uns den Kredit nur gibt, wenn wir so einen haben. Sonst würde alles passen, es hängt nur am Unterschriftsbevollmächtigten. Daraufhin haben wir ihr erklärt, dass das hier Diskriminierung ist und ob wir noch einmal mit der Bank sprechen sollen. Weitere 4 Tage später erhielten wir dann einen neuen Anruf, dass wir ja auch ein Anwaltsschreiben aufsetzen lassen können, dass wir voll geschäftsfähig sind. Das würde der Bank reichen. Gut, das haben wir umgehend in Angriff genommen. Die Anwältin viel aus allen Wolken und musste sich genau wie wir richtig bemühen, hier noch nette Worte in dem Schreiben zu finden und nicht gleich eine Klage zu formulieren.

 

Eine weitere Woche Später erhielt sie die Antwort des Finanzhauses, dass wir den Kredit immer noch nur bekommen, wenn ein Bevollmächtigter nachgewiesen werden kann. Außerdem heißt es in dem Brief, dass es sich dabei nicht um Diskriminierung handelt sondern die internen Vorschriften nur zum Schutze der Sehbehinderten und blinden Kunden seien. Weiterhin heißt es, dass wir den Darlehens- und Sicherheitenvertrag, alle Merkblätter sowie die zu einer Auszahlung notwendigen Dokumente nicht lesen können und somit die Informationen, die eine Schutz- und Warnfunktion haben, eben nicht zur Kenntnis nehmen können. Bezogen wird sich hier auf den § 492 BGB. Darüber, dass Blinde einen Bevollmächtigten benötigen wird hier kein Wort verloren. In unseren Augen versteckt man sich hier hinter Vorschriften, die zum einen wohl mindestens 20 Jahre alt sind und zum anderen was ist es dann, wenn es keine Diskriminierung ist? An die Zusage nach der Bestätigung unserer Geschäftsfähigkeit durch einen Anwalt kann sich im Nachhinein nicht mehr erinnert werden. Diese Erinnerungslücke ist vermutlich genauso groß wie die, dass wir im Einundzwanzigsten Jahrhundert leben und mit Hilfe von diverser Technologie Alle Dokumente, welche Maschinell erstellt worden sind, auslesen können. Eventuell macht sich hier auch der Umstand bemerkbar, dass die DSL Bank als eigenständiger Geschäftsbereich der Postbank auftritt. Auch hier tut man sich schwer mit der Anerkennung von Unterschriften.

 

Wir sehen das gänzlich anders und stehen mit unserer Auffassung bei weitem nicht alleine da. Alle anderen Banken, denen wir von diesen Vorkommnissen berichten und auch der Hauseigentümer, schütteln einfach nur den Kopf. Wir haben nun einfach nur Glück, dass er sich genauso wie wir in Geduld übt, bis nun die zweite Anfrage bei der Sparkasse abgeschlossen ist, denn es gibt noch diverse andere Anfragen und Angebote für das Objekt.

 

Eine Klage gegen die DSL Bank behalten wir uns vor. Einfach schon aus dem Grund, dass wir unser ganzes Leben um Unabhängigkeit kämpfen und diese hier offensiv mit Füßen getreten wird. Das ist in Zeiten der Integration und Inklusion einfach nur ein Armutszeugnis der DSL Bank und zeigt doch sehr deutlich, wie teilweise in der Öffentlichkeit noch über Beeinträchtigte gedacht wird.

 

Update vom 25.10.2016

 

Heute haben wir eine ganz positive Nachricht. Ende letzter Woche haben wir von der Saalesparkasse die Zusage der Finanzierung bekommen und schon heute beim Notar den Kaufvertrag für das Häuschen unterzeichnet. Das ganz ohne Generalbevollmächtigten und in vollem Bewusstsein. Nun beginnt die spannende Zeit der Planung und Umzugsvorbereitung. Ein großer Dank gilt ins Besondere der Nestor GmbH, die sich nicht hat unterkriegen lassen und ein wirklich tolles Finanzierungsangebot für uns raus geholt hat. Das allen Umständen zum Trotz. Danke auch an die bisherigen Eigentümer, die das Haus trotz einiger weiterer Anfragen für uns freigehalten haben. Wir sind mega glücklich, diesen großen Schritt gegangen zu sein.

 

In Bezug auf die Diskriminierung durch die DSL-Bank sind wir noch in Gesprächen mit unserer Anwältin und der Meinung, dass das bei aller positiven Entwicklung nicht so stehen bleiben kann. Wir halten euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.

 

Update vom 02.01.2017

 

Wir haben uns entschieden, den Fall an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes weiter zu geben und bereits im November eine Mail hin verfasst. Am 30.12.2016 erhielten wir dann die nachstehende Antwort:

„Sehr geehrte Familie Lippek,

 vielen Dank für Ihre Nachricht.

 Wir würden Ihre Eingabe gerne zuständigkeitshalber an die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen weiterleiten.

Wenn Sie mit dieser Vorgehensweise einverstanden sind, bitten wir Sie um Ihr Einverständnis und ggf. auch um Informationen zur Sehfähigkeit. Über eine baldige Rückmeldung würden wir uns freuen, da bis dahin der Vorgang ruht.“

 

Natürlich haben wir dem zugestimmt und freuen uns, dass nun bewegung in der Sache ist, damit eventuell anderen nicht solche Steine in den Weg gelegt werden.

 

Zudem haben wir am 27.12.2016 auch noch die freudige Mitteilung bekommen, dass wir ab März 2017 in unser Häuschen dürfen. Ein Turbulentes Jahr nahm also ein super Ende.

chevron_left
chevron_right